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Ein Weinjahr für versierte Moselwinzer*innen

Verantwortlicher Autor: Karl J. Pfaff Ernst/Mosel, 29.10.2021, 22:07 Uhr
Presse-Ressort von: LifestyleWeinKultur Bericht 10796x gelesen

Ernst/Mosel [ENA] Das Jahr 2021 weckt bei vielen erfahrenen Winzerinnen und Winzern Erinnerungen an frühere Jahrzehnte: Es war deutlich kühler und nasser, mit einem deutlich späteren Vegetationsstart und einer späteren Lese als in den Vorjahren. Vor allem die sehr nasse Witterung in Frühjahr und Sommer bescherte den Winzern viel Arbeit im Weinberg und sorgte mit Pilzerkrankungen für eine kleinere Erntemenge als 2020.

Auch in der Lese zeigte sich der Jahrgang anspruchsvoll und erforderte viel Geduld sowie einen hohen Selektionsaufwand. Viele Weingüter starteten erst in der zweiten Oktoberhälfte in die Ernte der spät reifenden Rieslingtrauben, die bis in den November hinein andauern wird. Während die meisten Erzeuger die Aromatik der Trauben sehr positiv bewerten und überwiegend fruchtige und spritzige Weine erwarten, fällt die Bewertung der Erntemenge sehr unterschiedlich aus. Die Bandbreite ist enorm: Von sehr guter Ausbeute bis hin zu fast totalem Ausfall reichen die Aussagen.

„2021 war die Vegetationsphase insgesamt schwierig, sie war gekennzeichnet von feuchter Witterung und erhöhtem Krankheitsdruck – ein Jahr für versierte Winzer“, sagte Henning Seibert, seit September Vorsitzender des Moselwein e.V., in der Herbstpressekonferenz im VinoFORUM in Ernst bei Cochem. Die erste Ernteschätzung beläuft sich auf rund 780.000 Hektoliter, wie der Vorstand der Mosel-Weinwerbung berichtete, rund 50.000 Hektoliter weniger als im Vorjahr, aber mehr als der zehnjährige Mittelwert von rund 740.000 Hektolitern. Der Arbeitsaufwand für den Pflanzenschutz und Laubarbeiten war infolge der hohen Niederschläge und der Pilzkrankheiten sehr groß. Bio-Betriebe standen beim Pflanzenschutz vor einer kaum zu bewältigenden Aufgabe.

Ein Vorteil des späten Austriebs war, dass es an der Mosel kaum Frostschäden gab, die im April in anderen Weinregionen, vor allem in Frankreich, für große Einbußen sorgten. Hagelschäden traten an der Mosel vereinzelt lokal auf. Der September und Oktober boten längere trockene Phasen mit Sonne, das Wetter blieb aber weiter unbeständig und teils sehr kühle Nächte, so dass die Reifeentwicklung nur langsam voranschritt. Die Rieslinglese begann an der Terrassenmosel am 4. Oktober, während die Winzer weiter südlich an der Mosel um den 10. Oktober starteten, viele Betriebe auch erst in der zweiten Oktoberhälfte. Der spät reifende Riesling konnte dieses Jahr seine Stärke ausspielen und wird bei einigen Weingütern noch bis in den November geerntet.

Die phänologischen Daten 2021 liegen im Bereich der Werte, die vor 20 bis 30 Jahren üblich waren. Angesichts dieser Witterung waren in diesem Jahr die „alten“ Spitzenlagen mit Südausrichtung - in denen es in den vergangenen Jahren oft zu heiß und zu trocken war - wieder besonders begünstigt. Versierten Winzern gelang es, die moseltypische Säure gut zu händeln. Stefanie Vornhecke, Vorstandsmitglied bei Moselland e.V. sprach von einer großen Spreizung zwischen den Weinbergslagen, selbst im kleinen Bereich. Auch Thomas Ludwig, der Erste Stellvertretende Vorsitzende, betonte, dass Geduld, basierend auf langjähriger Erfahrung gefragt war. Andreas Barth machte darauf aufmerksam, dass dieses Jahr ein kontinuierliches Arbeitsjahr war.

Das Mostgewicht liege beim Riesling bei durchschnittlich 80 Grad Oechsle, berichtete der Vorstand der Mosel-Weinwerbung im Herbstgespräch. In guten Lagen erreichte der Riesling aber auch 95 Grad Oechsle und dank Edelfäule sind auch Beerenauslesen möglich. Eine gute Pflege der Anlagen und Pflanzenschutz zum richtigen Zeitpunkt zahlten sich in diesem Jahr besonders aus. „Charakteristisch für den Herbst 2021 waren die teils enormen Unterschiede zwischen den Weinbergen hinsichtlich des Ertrags, der Ausreifung und des Gesundheitszustands der Trauben. Viele nutzten die Möglichkeit einer negativen Vorlese, um eine bessere Ausreifung der Weinberge zu erzielen“, so Max Hendgen, neuer Geschäftsführer des Weinbauverbandes Mosel, in seinem Fazit.

„Weniger Menge wurde vor allem bei den Sorten Riesling, Spätburgunder und Dornfelder geerntet. Gute Mengen sind bei Elbling, Auxerrois und Weißburgunder zu verzeichnen“, berichtete Vorsitzender Seibert. Mit einem Ertrag von durchschnittlich 90 Hektoliter je Hektar war die Ausbeute bei der Hauptrebsorte Riesling insgesamt noch zufriedenstellend. Bei den Burgundersorten liegen die Erträge im Gebietsdurchschnitt bei 80 Hektoliter je Hektar und einem durchschnittlichen Mostgewicht von 85 Grad Oechsle. Auch hier gab es sehr große lokale und regionale Abweichungen bei der Erntemenge. „Bei den roten Sorten entwickelte sich die Kirschessigfliege zum Problem“, so Max Hendgen.

„Im Keller gären die Moste sauber durch, da die Nährstoffversorgung in diesem Jahr optimal ist. Die Säure ist spritzig, insgesamt wird ein feiner, klarer, moseltypischer Jahrgang erwartet mit viel Mineralität und etwas leichteren, vom Verbraucher geschätzten Alkoholgehalten“, so die Einschätzung von Henning Seibert und Geschäftsführer Ansgar Schmitz. Der 2021er von Mosel, Saar und Ruwer wird überwiegend als Qualitätswein auf den Markt kommen. Mehr als 80 Prozent der Weine aus dem Gebiet werden jedes Jahr in diesem Segment verkauft. Dahingehend ist der 2021er Jahrgang marktgerecht. Bei den Prädikatsweinen von 2021 wird es vor allem Kabinett und Spätlesen geben, vereinzelt auch Auslesen.

Nach dem Lockdown sorgten das wechselhafte Wetter und die Folgen des Sommerhochwassers für eine durchwachsene Bilanz der Mosel-Tourismussaison. Viele Direktvermarkter berichten dennoch von weiterhin sehr guten Verkäufen ab Hof sowie im Versand, schon im Sommer waren erste Partien des 2020ers ausverkauft. Auch die im ersten Lockdown eingeführten Online-Weinproben dürften hierzu beitragen. Im Export verzeichnen Moselweine ebenfalls ein deutliches Plus. Hier machte sich unter anderem die Aufhebung der US-Strafzölle positiv bemerkbar. In der 12-Monats-Bilanz von Juli 2020 bis Juni 2021 stiegen die Ausfuhren von um fast 20 Prozent in Menge und Wert gegenüber dem Vorjahreszeitraum an, wie der Verband der Weinexporteure (VDW) errechnete.

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